Paroli: Vom Erlebnis zur Erfahrung
Der Terminus Paroli steht im kds-Konzept für das Benennen des Tuns im Anschluss an die Tätigkeit im „Zentrum“: Die Teilnehmenden sagen, was sie z.B. beim Texte-Schreiben oder beim non-verbalen Theaterspielen getan haben, wie sie vorgegangen sind, was ihnen leicht gefallen ist oder schwer, was sie als angenehm oder unangenehm erlebt haben, was ihr Tun bewirkt und zum welchem Ergebnis es geführt hat usw.
Von der Kommunikationsform her ist das Paroli zunächst kein Gespräch, sondern eine Art Interview: Die Person, die den Prozess moderiert, initiiert und fördert das Sprechen der einzelnen Akteure, während die anderen zuhören und sich unweigerlich im Stillen zu dem Gesagten in Verbindung bringen. Im Weiteren kann das Paroli in ein Gespräch übergehen.
Die „Arbeit der Benennung“ erscheint in der Praxis häufig schwierig, weil sie sich von üblichen Gesprächen grundlegend unterscheidet. Sie ist von der Klarheit und kommunikativen Geschicklichkeit des Moderators bzw. der Moderatorin abhängig, eher nicht von der Sprachfähigkeit der Akteure.
Im kds-Konzept kann man die „Arbeit der Benennung“ als entscheidenden Schritt oder gar als das wirkliche Ziel ansehen. Das im „Zentrum“ Erlebte, geprägt von hoher Intensität und Emotionalität, ist tendenziell „flüchtig“. Das Zur-Sprache-Bringen verwandelt es in einen Erfahrungsschatz: Wenn es in Worte gefasst ist, steht es für weitere Erlebnisse und Erfahrungen zur Verfügung.
Lew Semjonowitsch Wygotski hat diese fundamentale Bedeutung des Zur-Sprache-Bringens des Erlebens in einen schönen Aphorismus gefasst:
„Ich habe das Wort vergessen,
Das ich sagen wollte,
Und körperlos kehrt der Gedanke
Ins Prunkgemach der Schatten zurück.“
Um dieses Bild ins Positive zu wenden: Erst wenn ich den Prunk und Reichtum des Erlebens zur Sprache bringe, erhält es eine „körperliche“ Präsenz, Bedeutung und Relevanz für mein weiteres Handeln.
Mich beschäftigt das Thema der Bedeutung des Zur-Sprache-Bringens sehr. Und ich finde viele Anregungen für mein Nach- und Weiterdenken. Zum Beispiel bewegt mich Peter Sloterdijks „Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen“ oder Hannah Arendts „Vita activa oder Vom tätigen Leben“, in dem sie Tun und Sprechen als Handeln in Eins setzt und etwa sagt, dass „die lebendige Tat und das gesprochene Wort das Größte sind, wessen Menschen fähig sind“.
Bevor ich hier Weiteres dazu schreibe, zunächst nur der Verweis auf meinen Paroli-Artikel im Buch „Erlebnis und Erfahrung im Prozess des Musiklernens“.