Der weitere Horizont – ein Beispiel
Im Idealfall erfasst das Anliegen einen weiten Horizont: Es wirkt in die Komplexität des Unterrichts hinein und eröffnet manchmal sogar den Zugang zu tieferen Schichten, zum Beispiel zum Erkennen eigener Handlungsmuster oder blinder Flecken.
Ich möchte das an einem Beispiel veranschaulichen:
Ein Kollege hat folgenden Ansatzpunkt gewählt:
„Ich möchte die Arbeitsaufträge an die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7 b so klar formulieren, dass die Lernenden unmittelbar und produktiv damit arbeiten können.“
Man wird sehen, wieweit es sich im Unterricht zeigt, dass die Lernenden Klarheit darüber haben, was sie machen sollen; ob sie kaum nachfragen, was genau sie nun tun sollen; ob sie produktiv arbeiten und ggf. anvisierte Ergebnisse zeigen können. Das ist die unmittelbare, praktikable Ebene.
Gleichzeitig ist möglicherweise zu erkennen, ob die Schüler sich wirklich in die inhaltlichen Fragestellungen, also in „Sache“, vertiefen oder ob sie Freude an der vorgesehenen Art der Beschäftigung haben; ob sie sich für die Erledigung des Arbeitsauftrags individuell auf sich selbst zurückziehen oder sich gegenseitig unterstützen; ob und wie sie zu Ergebnissen kommen und sie präsentieren usw. Hier zeigt sich die Auswirkung gut oder schlecht formulierter Arbeitsaufträge für das weitere, komplexere Geschehen im Unterricht.
Den Kollegen hat die Arbeit mit diesem Ansatzpunkt zu Überlegungen geführt, welchen Stellenwert tatsächlich Arbeitsaufträge in seiner Art des Unterrichtens haben. Ist er bisher vielleicht allzu sehr davon ausgegangen, dass das Unterrichten auf seiner Art des frontalen Lehrens und des Vermittelns von Sachverhalten beruht und dass er demzufolge dem selbständigen Erarbeiten von Inhalten durch die Lernenden zu wenig Raum gibt? War das Erteilen von Arbeitsaufträgen in seinem Interesse als Lehrender oder fühlte er sich von „der modernen Pädagogik“ dazu gedrängt? Weitere Frage könnten sich ihm stellen: Wie verfährt er mit den Ergebnissen des Arbeitsprozesses der Lernenden? Wieviel Raum will er ihnen geben und in welcher Form? Solche weit reichenden Fragestellungen können sich dem Kollegen eröffnen „nur“, weil er einen ganz konkreten Ansatzpunkt – das bessere Formulieren von Arbeitsaufträgen – ins Zentrum seiner Arbeit mit dem Lernzyklus gestellt hat.